Alterssicherung im Mehrsäulensystem: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Derzeit wird wieder darüber diskutiert, wie Alterssicherung in Deutschland zukunftssicher gestaltet werden kann. Zeit zu fragen: Wo steht das Mehrsäulensystem heute?
Hin zum Leitbild „Lebensstandardsicherung aus mehreren Säulen“
- Seit der sogenannten Riester-Reform der damaligen Bundesregierung im Jahr 2001 sind neben der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) ergänzende Leistungen aus der betrieblichen oder privaten Vorsorge erforderlich, um den Lebensstandard im Alter zu halten.
- Die Kompensation der Niveausenkung in der GRV kann nur dann als erfolgreich bezeichnet werden, wenn folgender Dreiklang gelingt:
1. Alle Versicherten beteiligen sich (Extensität).
2. Die Beiträge, die in die Zusatzvorsorge fließen, sind hoch genug (Intensität).
3. Die biometrischen Risiken Langlebigkeit, Invalidität und Tod sind adäquat abgesichert (Qualität).
Mehr als ein Drittel (38 %) sorgen nicht zusätzlich vor
- Laut Alterssicherungsbericht 2024 sorgen aktuell rund 62 % der Beschäftigten in der betrieblichen Altersversorgung (BAV) und/oder über einen Riester-Vertrag vor (siehe Grafik 1).
- Personen mit geringem Einkommen sorgen deutlich seltener zusätzlich vor als Personen mit hohem Einkommen.
- Im Trend zeichnet sich eine rückläufige Beteiligung ab (vgl. 2019 mit 66 % sowie 2015 mit 70 %).
- Neben der Verbreitung ist die Beitragshöhe relevant: Im Jahr 2023 liegt der durchschnittliche Eigenbeitrag in der betrieblichen Altersversorgung bei 2,9 % des Bruttolohns. Riester-Versicherte sparen rund 2,8 %. Dazu kommen jeweils noch Arbeitgeberbeiträge (BAV) und Zulagen (Riestervorsorge).
- Kompensiert werden sollte die Reduzierung des Rentenniveaus durch eine Zusatzvorsorge mit einem Sparziel von etwa 4 % des Bruttoeinkommens. Dieses Ziel wird i.d.R. nur von Personen erreicht, die sowohl über BAV-Anwartschaften als auch einen Riestervertrag verfügen.
Unzureichende Absicherung in der zusätzlichen Altersvorsorge vor allem bei Invalidität
- Laut der Studie "Lebensverläufe und Altersvorsorge" (LeA) decken nur knapp die Hälfte der BAV-Anwartschaften in der Privatwirtschaft das Invaliditätsrisiko ab.
- Nur knapp ein Drittel der Riester-Anwartschaften bietet Schutz vor Invalidität.
- Die Anteile für den Hinterbliebenenschutz sind deutlich höher (72% der BAV-Anwartschaften und 67 % der Riester-Verträge).
- Die Absicherung der Langlebigkeit ist momentan noch weit verbreitet. Aktuell wird aber diskutiert, aufgrund der hohen Kosten selbst bei der geförderten Vorsorge davon abzuweichen.
Fazit
- Es gelingt derzeit nicht, die durch die Riester-Reform vorgenommene Niveausenkung in der GRV adäquat mit der freiwilligen zusätzlichen Altersvorsorge zu kompensieren.
- Sowohl die Verbreitung, die Höhe der Beiträge als auch die Qualität der Risikoabsicherung (insbesondere bei Invalidität) lassen Wünsche offen.
- Dies stellt die adäquate Absicherung im Mehrsäulensystem grundsätzlich in Frage.
- Eine faktenorientierte Diskussion zur zukünftigen Ausrichtung der Alterssicherung ist vor diesem Hintergrund unabdingbar: Erfüllt das Leitbild der Alterssicherung in Deutschland insgesamt seine Ziele?
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