Deutsche Rentenversicherung

Wie hat sich der Hinzuverdienst von Rentenbeziehenden entwickelt?

Ausgabe #6: Juni 2024 (Lesezeit: 16 Minuten)

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht, um die Beschäftigung von Rentenbeziehenden zu fördern. Zu nennen ist das "Flexirentengesetz" 2017 sowie die Erhöhung und dann Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen im Jahr 2020 bzw. 2023. Wie hat sich der Hinzuverdienst von Rentenbeziehenden vor dem Hintergrund dieser Gesetzesänderungen entwickelt?

Das Bild zeigt die Verteilung der Rentenbeziehenden mit Hinzuverdienst nach Alterskgruppea am Ende des Jahres 2022. Zusätzliche Erläuterungen finden Sie in der Lang-Variante. Grafik 1a: Hinzuverdienst am häufigsten im Alter zwischen 66 und 68 Jahren.

  • 1,4 Millionen Altersrentner bezogen im Jahr 2022 zusätzliches Einkommen aus Beschäftigung. Somit wiesen 7 % der Altersrentner einen Hinzuverdienst auf.
  • Am häufigsten tritt Hinzuverdienst in der Altersgruppe 66 bis 68 Jahre auf. Rund 0,5 Millionen Rentenbeziehende in diesem Alter sind beschäftigt.
  • Der Hinzuverdienst erfolgt in der Regel in Form einesMinijobs (77 %).

Mehr Beschäftigung bei vorgezogenen Renten durch Anhebung der Hinzuverdienstgrenze

Das Bild zeigt, dass der Anteil von mehr als geringfügigem Hinzuverdienst bei vorzeitigem Altersrentenbezug zunimmt. Zusätzliche Erkläuterungen finden Sie in der Lang-Variante. Grafik 2: Immer mehr Menschen, die eine vorgezogene Altersrente beziehen, gehen einer mehr als geringfügigen Beschäftigung nach.

  • Im Jahr 2020 wurde die Hinzuverdienstgrenze für Rentenbeziehende angehoben.
  • Im gleichen Jahr ließ sich ein Anstieg von mehr als geringfügigem Hinzuverdienst um 12 Tsd. Personen (+42 %) beobachten.
  • Insgesamt stieg der Anteil von mehr als geringfügig beschäftigten Rentenbeziehenden vor der Regelaltersgrenze von 2,5 % im Jahr 2019 auf 5,6 % im Jahr 2022.

Option der Versicherungspflicht ab der Regelaltersgrenze selten gewählt

Wer ab der Regelaltersgrenze beschäftigt ist, bezieht in der Regel bereits eine Rente: Von den insgesamt 264 Tsd. mehr als geringfügig Beschäftigten in diesem Alter sind 242 Tsd. Rentenbezieher. Für diese ist der Hinzuverdienst grundsätzlich versicherungsfrei, wobei ein Arbeitgeberbeitrag in Höhe von 9,3 % abzuführen ist. Mit dem Flexirentengesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, auf diese Versicherungsfreiheit zu verzichten. In diesem Fall werden zusätzliche Rentenansprüche verdient. Dabei ist der Arbeitnehmerbeitrag zu zahlen.

Wie häufig wird dieser Verzicht auf die Versicherungsfreiheit in der Praxis genutzt? Von den insgesamt 242 Tsd. mehr als geringfügig Beschäftigten ab der Regelaltersgrenze zahlten 18 Tsd. im Jahr 2022 freiwillig Arbeitnehmerbeiträge. Das entspricht einem Anteil von 8 %.4 Somit entscheidet sich nur ein geringer Anteil der Versicherten für die freiwillige Beitragszahlung, obwohl sich diese bereits ab 10 Jahren Rentenbezugsdauer langfristig auszahlt.5

Erwerbsstatus vor Rentenbeginn entscheidend

  • Bei der sogenannten „Rente ab 63“ tritt Hinzuverdienst überdurchschnittlich häufig auf: Jeder Vierte (25 %) übte eine Beschäftigung vor der Regelaltersgrenze aus.
  • Auch bei Menschen, die bis kurz vor Rentenbeginn einer Beschäftigung nachgingen, tritt Hinzuverdienst neben der Rente überdurchschnittlich häufig auf (30 %).
  • Die Teilnahme am Arbeitsmarkt vor dem Renteneintritt stellt folglich einen wichtigen Faktor für Beschäftigung im Ruhestand dar

Fazit

Die Zahl der Altersrentner mit Hinzuverdienst hat in den letzten Jahren zugenommen. Insgesamt übten 7 % der Altersrentenbeziehenden im Jahr 2022 eine Beschäftigung aus. In drei von vier Fällen geschah dies in Form eines Minijobs. Ein Anstieg ist insbesondere bei mehr als geringfügigem Hinzuverdienst zu beobachten. Dies könnte teilweise auf die Erhöhung der Hinzuverdienstgrenzen im Jahr 2020 zurückzuführen sein. Besonders häufig übten jene Rentenbeziehende einen Hinzuverdienst aus, die bis zum Renteneintritt einer Beschäftigung nachgegangen sind. Politikmaßnahmen zur Erhöhung der Beschäftigung vor dem Renteneintritt könnten sich folglich positiv auf die Weiterbeschäftigung nach dem Renteneintritt auswirken.

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1 Hierbei werden auch Entgelte aus versicherungsfreien Beschäftigungen ab der Regelaltersgrenze einbezogen.

2 Neben dem allgemeinen Trend zu höheren Beschäftigungsquoten Älterer dürfte auch die demografische Entwicklung bzw. der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge ein erklärender Faktor sein.

3 Attraktiv kann bei Hinzuverdienst ein Teilrentenbezug sein: Dieser ermöglicht es, trotz Rentenbezug vor der Regelaltersgrenze weiterhin arbeitslosenversichert zu sein und von Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall zu profitieren. Im Jahr 2023 ist dieser Teilrentenbezug stark angestiegen: Bezogen im Jahr 2022 noch 2 Tsd. Neurentner eine Altersteilrente mit einem Teilrentenanteil von 99 % vor der Regelaltersgrenze, ist diese Zahl im Jahr 2023 deutlich auf 16 Tsd. Neurentner gewachsen.

4 Bei den Minijobbern betrug der Anteil mit 19 Tsd. von 1,1 Mio. Personen rund 2 %.

5 Bei einem Durchschnittsverdiener 2022 bspw. würden durch den jährlichen Arbeitnehmerbeitrag zur Rentenversicherung von 3.911 Euro (= 9,8 % x Durchschnittsentgelt 42.053 Euro) Rentenansprüche von einem Entgeltpunkt erworben. Nach 10 Jahren Bezugsdauer würden sich diese zusätzlichen Rentenansprüche in der (Barwert-)Summe auf 4.320 Euro kumulieren (aktueller Rentenwert 36,02 Euro * 12 * 10) und damit die Einzahlung übersteigen. Vereinfachend wird angenommen, dass der Diskontsatz der Rentenanpassung entspricht.

6 Betrachtet werden dabei Beziehende einer Rente wegen Alters am 31.12.2022 ohne umgewandelte Erwerbsminderungsrenten mit einem erstmaligen Rentenbeginn in den Jahren 2021 oder 2022.

7 Von den nicht Beschäftigten vor Renteneintritt wiesen 35 % einen Leistungsbezug auf (insbesondere von ALG1). Rund 59 % hatten einen unbekannten Erwerbsstatus bzw. waren passiv versichert. Hierunter fallen überwiegend Nichterwerbstätige, aber auch einige zuletzt selbstständig Tätige oder Beamte.

8 Darunter 3 Prozentpunkte (PP) mehr als geringfügig - relativ zu 8 PP bei Beziehenden der „Rente nach 45 Jahre.

9 Dies ergibt sich ggf. auch dadurch, dass diese Erhöhung kurzfristig und zunächst nur für ein Jahr erfolgte.

10 Im Jahr 2023 konnten gemäß § 236b SGB VI zehn Geburtsmonate (einen Monat nach Erreichen des Anspruchsalters) frühestmöglich neu in die "Rente nach 45 Jahren“ zugehen (Geburtsmonat Dezember Jahrgang 1958 und Geburtsmonate Januar bis September Jahrgang 1959). Im Jahr 2022 hingegen erfüllten elf Geburtsmonate erstmalig diese Zugangsbedingungen (Geburtsmonate Januar bis November Jahrgang 1958). Allein auf Grund dieser Regelung hätte sich 2023 ein Rückgang der Zugangszahlen von bis zu 9 % ergeben können – unter der Annahme, dass die Bezieher das frühestmögliche Zugangsalter wählen, was empirisch überwiegend der Fall ist. Im Vergleich dazu spielten demografische Faktoren (Jahrgangsgrößen) vermutlich eine geringere Rolle für die Zugangsdynamik in 2023 (ca. + 5 %).

Lang-Variante als pdf-Dokument

Kurz-Variante als pdf-Dokument

Hintergrundinformationen zur Hinzuverdienstverteilung